Sonntag, 18. November 2012

Dürre, Strukturwandel, Graincorp und der Rotary Club

In einem Land wie Australien ist das Risko einer Flut oder einer Dürre relativ hoch, in vielen Gegenden sind diese Naturgewalten sogar normal. Im östlichen Teil Australiens, in dem ich mich gerade befinde, sind die meisten Farmen Gemischtbetriebe aus extensivem Ackerbau und extensiver Schaf- oder Rinderhaltung. Viele Betriebe haben keinen festgelegten Terminplan, sonder machen alles von den Zeitpunkten und der Menge an Regen abhängig. Auf der Farm, auf der ich mich derzeitig befinde, wird nach der Ernte erstmal bis zum nächsten Regen gewartet damit die alte Frucht und das Unkraut auflaufen kann. Das Feld wird anschließend mit einem Glyphosat abgespritzt. In Abhängigkeit von der Regenmenge wird dann entschieden ob und was angebaut wird. Da sich in trockenen Jahren das drillen nicht lohnt wird es auch mal liegen gelassen. Hier in Milengar warten sie in der Regel bis April um Raps zu säen (sie haben Weizen, Sorghum und Raps in der Fruchtfolge)

Zur tierfütterung haben sie extensive Gras/Busch-Landschaften sowie angebaute mehrjährige Futtergehölze wie Luceana und Salt Busch. Luceana ist ein Busch, der vorwiegend für Rinder verwendet wird, da dieser recht schnell wächst. Dieser wird in Reihen mit einem Abstand wie eine Apfelplantage gepflanzt und einmal im Jahr in der Höhe auf ca 1,5m gestutzt. Die Tiere fressen lediglich die saftigen Blätter ab, die bei jedem bisschen Regen nachwachsen. Ziemlich ähnlich ist auch der aus Süd Afrika stammende Salt Busch, der nur etwa 1-1,5 m hoch wird und deshalb ideal für Schafe ist - by the way, seine Blätter schmecken wirklich salzig. Diese beiden Buscharten sind extrem robust und sind während einer Dürre manchmal der einzige eigene Futterlieferant.

Wo wird gerade bei eigener Produktion sind... Es gibt für Farmer einen Hilfs-Fond, so werden in Dürrejahren 30% der Transportkosten für Futterlieferungen zurückerstattet.
Doch diese Marktverzerrungsmaßnahmen will bzw. muss die Regierung im Zuge der WTO Verordnungen, mit dem Ziel der internationalen Wettbewerbs Gleichstellung, ändern. Das bedeutet ebenso die Privatisierung, der sich derzeit zu 100% in staatlicher Hand befindlichen Graincorp. 

Ich konnte gestern mit Therese, der Frau vom derzeitigen Auftraggeber, dem Manager (Grayham) einer 12500 acre Farm mit ca. 6500 acre Feldfrüchten sprechen. Sie ist die Cheffin einer Graincorp Annahmestelle mit knapp einer halben Million Tonnen Lagerkapazität - so genau wollte sie sich da nicht festlegen. Zu Graincorp gehörte nahezu die gesamte Annahme- und Transport Infrastruktur für alle Feldfrüchte. So ziemlich jeder Farmer ist also mehr oder weniger gezwungen seine Ware früher oder später zu einer Graincorp Verladestation zu bringen und es zumindest dort zu lagern. Die Kosten sind 5$ je Tonne für die Ein- und Auslagerung sowie weitere 3$ je Tonne für jeden Monat Lagerung ab dem Folgemonat der Lieferung. Warum gezwungen ? Weil der normale Transportweg bis zur nächsten Graincorp Annahmestelle meisten schon zwischen 50 und 150 km ist und sie meist die Einzigen mit Eisenbahnanbindung sind. Neben den Verkaufsoption an Graincorp stehen natürlich genau so viele Händler wie in Deutschland zur Verfügung, doch abholen müssen es die Meisten aus einem Graincorp Lager. Und genau das liegt das Problem: Bei der Annahme von z.B. Weizen wird nur das Gewicht, Gesamtbesatz, Protein und das Hektolitergewicht bestimmt und mehr oder weniger sinnvoll zusammengeschüttet. Man bekommt also seine Ware so gut wie nie zurück und wenn der Händler eine bestimmte Fallzahl und/oder einen bestimmten Sedi-wert haben will übernimmt keiner eine Garantie bzw. die Verantwortung dafür, wenn er es nicht bekommt - lustig oder ?? Deshalb kippen die auch alles zu je 40.000 t auf einen Haufen und brauchen kaum Silos.  

Die Besitzer der Farm sind übrigens Millionäre in Rente, die vor der Ernte auf einer sechs monatigen, freiwilligen, christlichen Hilfsmission auf einem Schiff in Sierra Leone waren. Während der Ernte helfen sie hier ein bisschen mit und kontrollieren den Ablauf, bevor sie zu einer weiteren Hilfmission auf einem Schiff nach Ghana aufbrechen.

Strukturwandel - die Dürre trifft vor allem die kleinen Farmer hart, die kein anderes Einkommen haben oder nicht groß genug sind. So sind laut einem Zeitungsartikel, den ich letztens lesen konnte, ca. 30 % aller Farmen im Nebenerwerb, 40% sind Großbetriebe mit >150.000$ Brutto-Jahreseinkommen, die eine Dürre überleben können und 30% sind Farmen, die <100.000$ Brutto-Jahreseinkommen haben und entweder wachsen oder weichen müssen. Doch gerade diese versuchen die Verbände zu halten, da ohne sie die ländliche Struktur zusammenbricht. Sie gehören in die ländliche Gemeinschaft und von  deren Einkommen hängen viele vor- und nachgelagerte Unternehmen und Arbeitsplätze ab. Diese werden jedoch im Zuge der Umstrukturierung mit freier Marktwirtschaft nach WTO-Richtlinen früher oder später Wegbrechen.

Edit: Der Rotary Club hat übrigens einen eigenen LKW, der neben der Annahme des GrainCorp Elevators steht - wofür ? Nun, wenn ein LKW überladen ist, dann darf er nicht über die Waage und in der Regel fährt er für 2-3 Tonnen auch nicht wieder zum Farmer zurück.  Die Folge ist, dass die meisten Trucker sich ihrer Ware einfach am Wegrand entledigen .... Man sieht dies ständig.
Bei diesem Elevator steht jedoch der Rotary Truck zur Verfügung. Der Vorteil ist, dass er direkt neben der Annahme steht und so die Truckies nicht weit fahren müssen. Die Leute von Rotary fahren den LKW dann jedes Mal, wenn er voll ist, über die Waage und nutzen das Geld für einen guten Zweck. Das find ich doch mal Klasse.




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